Screenshot eines WeChat Mini-Programms.

WeChat als Verkaufsturbo im chinesischen E-Commerce

Mit WeChat haben deutsche Unternehmen ein nützliches E-Commerce-Werkzeug für ihren wirtschaftlichen Erfolg im Reich der Mitte: Chinas beliebteste App lässt Verkaufs- und Kommunikationskanäle zum Social Shopping verschmelzen, hat einen eigenen integrierten Bezahldienst und verfügt mit mehr als 1 Milliarde aktiven Nutzern über eine enorme Reichweite.

Dies ist Teil drei der Serie „Chinas Giganten – diese Unternehmen erobern den globalen E-Commerce“

Ergänzend zu Präsenzen auf großen Handelsplattformen wie Alibaba oder JD.com sollten deutsche Online-Händler in China die Zusammenarbeit mit WeChat erwägen. Die Super-App, die 2011 von dem Tech-Konzern Tencent vorgestellt wurde, genießt einen besonderen Stellenwert. Für die meisten der 1,4 Milliarden Chinesen hat sich WeChat zum Zentrum ihrer gesamten Onlineaktivitäten entwickelt: In dem Mini-Ökosystem laufen mit Social Media, E-Commerce und Payment diverse Funktionen zusammen. Für Händler, die neue Vertriebskanäle suchen, ist WeChat ein nicht zu unterschätzender Wirkungsort, um sich zu präsentieren. Hier treten sie direkt mit chinesischen Konsumenten in Kontakt, binden sie gezielt an ihre Marke und verkaufen Produkte.

Erste Schritte auf WeChat: Account und Shop einrichten

Wer WeChat für den Cross-Border-E-Commerce nutzen möchte, eröffnet zunächst einen offiziellen Firmenaccount. 2018 ist die Anzahl jener Accounts, die für E-Commerce-Zwecke genutzt werden, im Vergleich zum Vorjahr um 68 Prozent angestiegen. Fast die Hälfte aller WeChat-Nutzer folgt 10 bis 20 offiziellen Accounts, weitere 19,7 Prozent verfolgen die Aktivitäten von 20 bis 30 Firmenaccounts und kommunizieren mit den Marken und Unternehmen.

Bislang mussten sich Antragsteller mit einer chinesischen Businesslizenz bei dem Mutterkonzern Tencent bewerben. Inzwischen gibt es aber auch WeChat-Partneragenturen, die Unternehmen ohne Sitz in China den Zugang ermöglichen. Für Händler bietet sich ein Service-Konto an, das Features wie E-Commerce, Zahlungsfunktionen und einen Multi-Chat-Kundenservice beinhaltet. Nach der Kontoeröffnung lässt sich ein WeChat-Shop integrieren: Einzelhändler können ihren eigenen Webshop für die in China allseits bevorzugte mobile Anwendung optimieren oder Webstore-Vorlagen von Drittanbietern nutzen.

Digitale Schnittstelle zwischen Händler und Kunde

Die Super-App fungiert für Händler als digitale Schnittstelle. Nicht nur das Einrichten von Konto und Shop, auch die Abwicklung der Geschäfte – vom Warenversand über das an lokale Besonderheiten angepasste Marketing bis zum Kundenservice in chinesischer Sprache – bleibt ihnen selbst überlassen. Der Einstieg in die Social-Commerce-Welt mag daher zunächst aufwendig erscheinen. Unternehmen sind gut beraten, mit spezialisierten Dienstleistern zusammenzuarbeiten. Der Aufwand lohnt sich: Bei chinesischen Konsumenten sind WeChat-Shops beliebt, weil sie ein komfortables Shoppingerlebnis und das nahtlose Bezahlen via WeChat Pay ermöglichen.

Mit WeChat-Mini-Programmen überzeugen

Ein weiterer Ansatz, um ins WeChat-Geschäft einzusteigen, sind sogenannte Mini-Programme. Genau genommen handelt es sich dabei um Light-Apps, die in das Ökosystem von WeChat eingebunden und dort genutzt werden. Wie in einer eigenen App lassen sich Text, Bilder und Grafiken sowie Shopping- und Serviceangebote einbauen. Kunden entdecken und kaufen neue Produkte und vergleichen diese auf verschiedenen Mini-Programmen, ohne das WeChat-Universum zu verlassen. Mini-Programm-Stores werden meist ergänzend zu einer Marktplatz-Präsenz oder einer eigenen Website (die aufgrund der Firewall in China gehostet sein sollte) eingesetzt, um Kunden anzulocken. Oftmals führen diese Shops nicht alle Produkte einer Marke, im Vordergrund stehen Exklusiv- oder Flash-Verkäufe und eine Kundenbindung.

Aus den anfänglich rund 2.000 Mini-Programmen sind binnen zweieinhalb Jahren mehr als 2,3 Millionen geworden. Damit behauptet sich WeChat weiterhin gegen Alibaba und baut sein eigenes E-Commerce-Geschäft aus, das eng mit Social Media-Aktivitäten verwoben ist. Deutsche Unternehmen können sich die chinesische Vorliebe für Social Commerce zu Nutze machen und ihren Absatz mit WeChat-Akivitäten steigern.

Der direkte Draht zu JD.com

Die WeChat-Mutter Tencent hält seit einigen Jahren Anteile an der E-Commerce-Plattform JD.com und hat seitdem auch die kanalübergreifende Verbindung von E-Commerce und Social Media vorangetrieben. So wurde 2018 eine neue Einkaufsfunktion gestartet, mit der WeChat-Nutzer unkompliziert auf dem Marktplatz JD.com einkaufen können. Durch die Eingabe von Stichwörtern, die Produkte beschreiben, im Suchfeld auf der WeChat-Startseite oder in der Suchfunktion der Registerkarte „Discover“ (Entdecken) werden Produktseiten von JD.com angezeigt. Damit ist eine weitere Möglichkeit für Händler entstanden, eine größere Reichweite zu nutzen.

WeChat Pay – mobiles Bezahlen leicht gemacht

Während Mobile Payment in Deutschland nur zögerlich angenommen wird, haben chinesische Konsumenten die Vorteile der innovativen Zahlweise längst erkannt. Das geschätzte jährliche Transaktionsvolumen für mobile Zahlungen von Drittanbietern lag dem Marktforscher Ipsos zufolge im Jahr 2018 bei rund 20,35 Billionen Euro. Unternehmen, die für ihr China-Geschäft auf WeChat setzen, profitieren davon, dass sie die lokalen Zahlungsvorlieben bedienen. WeChat Pay gilt nach Alipay (Alibaba) als beliebteste Zahlweise. Gemeinsam deckten die beiden Bezahldienste im Jahr 2018 rund 93 Prozent des gesamten mobilen Zahlungsverkehrs in der Volksrepublik China ab.

Alternative Social-Commerce-Plattformen

Insbesondere für bekannte Marken und Konzerne gilt WeChat, ergänzend zu einer Präsenz auf großen E-Commerce-Plattformen, als unerlässlich, um Produkte an die breite Masse zu verkaufen. Aufgrund des enormen Wettbewerbs und damit verbundenen steigenden Kosten zur Bewerbung eigener Produkte lohnt es sich insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, den Blick für Alternativen zu schärfen. Beispielsweise bietet die Social-Commerce-Anwendung Xiaohongshu, auch als Little Red Book oder RED bekannt, eine wachsende Plattform für den Cross-Border-E-Commerce. Bereits mehr als 200 Millionen Nutzer haben sich registriert – Tendenz steigend.

WeChat – zukunftsweisender Verkaufskanal

Aufgrund der enormen Reichweite und des nahtlosen Einkaufserlebnisses, das chinesische Kunden schätzen und erwarten, erweist sich WeChat als interessanter digitaler Verkaufskanal für deutsche Händler. Das Hineindenken in die Mega-App von Gründer Allen Zhang kann auch über das China-Business hinaus sinnvoll sein. Denn WeChat baut sein Netzwerk in der westlichen Welt aus. Beispielweise wird verstärkt mit deutschen Einzelhändlern zusammengearbeitet, um chinesische Touristen bereits vor ihrer Europa-Reise über Shoppingangebote zu informieren und vor Ort zum Kauf anzuregen. Bezahlen können sie auch in Europa via WeChat Pay.

Die ersten beiden Beiträge der Serie können Sie hier nachlesen:

„Sesam öffne dich“: Alibabas Tore zum Global E-Commerce

E-Commerce in China: Über JD.com chinesische Kunden erreichen

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