Wie sieht die Roadmap für die Zukunft aus? Wie verändert sich die Wirtschaft in der Post-Corona-Ära? Fest steht: Die Pandemie hat einen disruptiven Wandel in Gang gesetzt, der sich auch auf die globalen Logistik-Netzwerke dauerhaft auswirken wird. Eine Rückkehr in die „alte Welt“, zu linearen Strategien und reinem Effizienzdenken wird kaum möglich sein. Stattdessen weist das Konzept der Resilienz den Weg. Ziel ist es, besser mit Komplexität umzugehen, die Widerstandsfähigkeit der Supply Chain zu erhöhen – und so auch kritische Situationen erfolgreich zu meistern.
Überleben in der VUCA-Welt
Resilienz ist mehr als ein Buzzword. Viele Unternehmen beschäftigen sich derzeit ganz konkret mit der Frage, wie sie sich besser gegen unvorhergesehene Ereignisse wappnen und die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten erhöhen können. Und sie tun gut daran, sich proaktiv mit Risiken auseinanderzusetzen. Denn in der sogenannten „VUCA-Welt“ – einem zunehmend unbeständigen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Umfeld (englisch: volatile, uncertain, complex, ambiguous) – kann dies schnell zur wirtschaftlichen Überlebensfrage werden.
Die Verletzlichkeit der Lieferketten wurde im Corona-Jahr 2020 besonders deutlich. Laut Umfrage des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI waren vier von fünf Industrieunternehmen in Deutschland von Zulieferschwierigkeiten betroffen oder mussten aufgrund von Produktionseinbrüchen Kurzarbeit anmelden. Ein ähnliches Bild im Nachbarland Österreich: In einer Studie des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BMÖ) berichteten mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen von Verzögerungen in der Lieferkette, die Hälfte beklagte Lieferausfälle und 46 Prozent sahen die eigene Tätigkeit beeinträchtigt.
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Lieferantenbeziehungen pflegen
Zeit zu handeln – aber wie? Der Vorschlag, Versorgungsketten auf regionale Lieferungen umzustellen, um das Risiko globaler Abhängigkeiten zu reduzieren, wird durchaus kontrovers diskutiert. Das Problem seien weniger die Lohnkosten, sondern eher Rohstoffe und Vorprodukte, „die man nicht so einfach um die Ecke bekommt“, meint etwa BMÖ-Geschäftsführer Heinz Pechek. Letztlich hänge es vom Unternehmen und vor allem vom Produkt ab, ob eine Konzentration auf Europa eine Option sei. In jedem Fall empfehlenswert sei dagegen die Investition in gute Lieferantenbeziehungen. So würden Unternehmen, die beim Einkauf nicht ausschließlich an den Preis denken, auch in kritischen Zeiten besser beliefert.
Der digitale Supply Chain Zwilling
Unerlässlich – da sind sich die Expert*innen einig – sind professionelle Simulations-Tools, um Risiken zuverlässig vorherzusagen, erkennen und bewerten zu können.
Eine wirksame Entscheidungshilfe für Logistikverantwortliche stellt etwa der sogenannte digitale Supply Chain Zwilling dar: eine Abbildung realer Lieferketten in einem Modell, das die vielschichtigen Beziehungen und Prozesse zwischen allen Akteuren offenlegt. Durch die Kombination verschiedener Methoden zur Visualisierung, Simulation und Analyse entsteht ein transparentes Bild der Liefer-, Bestell- und Informationsflüsse im gesamten Netzwerk. Stresstests auf der Basis von „What-If”-Szenarien geben Aufschluss über mögliche Auswirkungen disruptiver Ereignisse und erleichtern die Entwicklung alternativer Strategien. Cost-to-Serve Analysen und Working Capital-Simulationen sollen den Anwendern zudem helfen, Kosteneinsparpotenziale aufzudecken und Handlungsoptionen zur Sicherung der Liquidität zu bewerten. Bei der Gestaltung einer robusten und resilienten Supply Chain in der „VUCA-Welt“ kann der digitale Zwilling aus der virtuellen Welt gute Dienste leisten.
Gestärkt aus der Krise: Auf dem Weg zur resilienten Supply Chain
Wie es letztlich gelingt, nachhaltig widerstandsfähige Wertschöpfungsketten aufzubauen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Klar ist: Die aktuelle Krise verändert die Art und Weise, wie Menschen arbeiten und wie Lieferketten funktionieren. Ein ganzheitliches Supply Chain Management gewinnt vor diesem Hintergrund immer mehr an Bedeutung – und damit auch die weitere Digitalisierung der Prozesse. Wer mehr Flexibilität und ein reaktionsschnelles Risikomanagement erreichen möchte, muss die Lieferketten end-to-end transparent gestalten. Digitale Plattformen, Data Analytics und Künstliche Intelligenz sind die zeitgemäßen Enabler. Warum also nicht die Krise als Chance begreifen, sich der Komplexität der VUCA-Welt stellen und neue Wege einschlagen?