Digitaler Zwilling in der Supply Chain – Simulation und Optimierung in Echtzeit

Digitaler Zwilling in der Supply Chain – Simulation und Optimierung in Echtzeit

Technologien

Die fortschreitende Digitalisierung hat die Logistikbranche tiefgreifend verändert, indem sie neue Möglichkeiten für mehr Transparenz und Effizienz eröffnet: Moderne Technologien ermöglichen eine nahtlose Vernetzung und Datenintegration entlang der gesamten Supply Chain. Unternehmen sind damit imstande, ihre Betriebsabläufe zu optimieren und schnell auf dynamische Marktbedingungen zu reagieren. Als virtuelle Abbildung physischer Lieferkettenprozesse spielt auch der digitale Zwilling eine zunehmend bedeutsame Rolle für das Management komplexer Lieferketten. Hier erläutern wir, wie der digitale Zwilling funktioniert, welche Vorteile der Ansatz bietet und wie er in der Praxis umgesetzt werden kann.

Digitaler Zwilling – die Vorteile für Unternehmen

Als virtuelle Replik eines physischen Systems oder Prozesses bietet der digitale Zwilling Unternehmen die Möglichkeit, Abläufe entlang der Lieferkette zu simulieren, zu analysieren und zu optimieren. Die Basis bilden Echtzeit-Daten, die etwa durch das Internet of Things erfasst werden. Der Ansatz schafft ein dynamisches Modell, anhand dessen Simulationen verschiedener Szenarien durchgespielt werden, um zukünftige Zustände vorhersagen zu können – ohne, dass direkt in die tatsächlichen operativen Prozesse eingegriffen werden muss. Der digitale Zwilling bildet dabei alle Elemente der Supply Chain ab, und zwar von der Beschaffung, über die Produktion bis hin zur Distribution und der Auslieferung an den Endkunden.

So profitieren die Unternehmen von einem digitalen Zwilling:

  • Erhöhte Transparenz: Durch die virtuelle Kopie wird die gesamte Lieferkette transparenter. Unternehmen können genau sehen, wo sich ihre Güter befinden und wie Prozesse ablaufen. Diese Transparenz ist entscheidend für die schnelle Identifikation und Behebung von Ineffizienzen.
  • Proaktives Risikomanagement: Durch die Simulation verschiedener Szenarien können Verantwortliche bereits im Vorfeld Strategien entwickeln, um Risiken und potenzielle Störungen zu minimieren. So können präventive Maßnahmen ergriffen werden, bevor es zu echten Problemen kommt.
  • Optimierte Betriebsabläufe: Die Fähigkeit, mögliche Betriebsabläufe in einem simulierten Umfeld zu testen, bevor sie in der realen Welt implementiert werden, verringert das Risiko von Fehlentscheidungen und fördert eine effizientere Gestaltung der Lieferkette.
  • Reduzierte Kosten: Durch die Optimierung von Abläufen und das frühzeitige Erkennen von Fehlern können Unternehmen ihre finanziellen Aufwände erheblich senken. Weniger Verschwendung, verbesserte Asset-Nutzung und nahtlos aufeinander abgetimmte Logistkprozesse sind einige der Kostenvorteile.
  • Mehr Nachhaltigkeit: Auch für die Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien profitieren Unternehmen von einem digitalen Zwilling ihrer Supply Chain. Durch die Analyse von End-to-End-Daten können energie- und emissionsarme Liefermodelle berechnet und entwickelt werden, die den ökologischen Fußabdruck reduzieren, ohne versuchsweise in die laufenden Prozesse einzugreifen zu müssen. Durch die präzise Überwachung und Auswertung aller Informationen werden ineffiziente Transportrouten identifiziert, Lieferanten mit geringeren Emissionsprofilen bevorzugt und nachhaltigere Verpackungslösungen gesucht.

Digitaler Zwilling: Implementierung und Best Practices

Die Implementierung des digitalen Zwillings erfordert eine sorgfältige Integration von Echtzeitdaten, die über ein kollaboratives Netzwerk bereitgestellt werden. Diese Daten müssen in ein präzises, dynamisches Modell der physischen Lieferkette eingebettet werden, das sowohl die physikalischen als auch die operationalen Aspekte abbildet. Die Herausforderung liegt dabei in der Schaffung einer nahtlosen Verbindung zwischen der virtuellen Replik und den existierenden IT-Systemen, wie SCM– und ERP-Software, um eine fortlaufende Datensynchronisation und -analyse zu gewährleisten. Auch ist die ständige Evaluierung und Anpassung des Modells notwendig, um die Genauigkeit und Relevanz des Zwillings zu erhalten und weiter zu optimieren.

Moderne digitale Zwillinge integrieren ML-Algorhitmen (Maschinelles Lernen), um Muster in den Daten zu erkennen und selbstlernende Modelle zu entwickeln. Diese können sich an veränderte Bedingungen anpassen und kontinuierlich verbessern. Durch die Verknüpfung mit Blockchain wird dabei eine sichere und unveränderliche Aufzeichnung von Transaktionen und Bewegungen innerhalb der Lieferkette gewährleistet. Mithilfe von erweiterten Visualisierungstools werden die erfassten komplexen Daten so dargestellt, dass die Benutzer sie intuitiv erfassen und interpretieren können. 3D-Visualisierungen und interaktive Dashboards unterstützen eine schnelle Entscheidungsfindung und erleichtern die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen und Stakeholdern.

Nach der erfolgreichen Implementierung und Verknüpfung bietet sich den Unternehmen ein umfassendes Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten, die weit über einfache Visualisierungen hinausgehen:

  1. Optimierung des Transportweges: Global agierenden Unternehmen gelingt es mit einem digitalen Zwilling, Transportrouten in Echtzeit anzupassen. Durch die Integration von Verkehrsdaten, Wetterinformationen und der Überwachung des Fahrzeugzustandes kann das System bei plötzlich auftretenden Verkehrsbehinderungen effizientere Routen vorschlagen, die Flotte umleiten und dadurch Lieferzeiten verkürzen und Kraftstoffkosten senken. Durch die Analyse historischer Daten erkennt der digitale Zwilling Muster und meldet, welche Routen zu bestimmten Zeiten voraussichtlich Störhungen erfahren könnten. Diese prädiktive Komponenten ermöglichen es, proaktiv alternative Transportwege und Zeitpläne in Betracht zu ziehen. Da verschiedene Transportszenarien unter variierenden Bedingungen simuliert werden, kann die effizienteste Methode ermittelt werden.
  1. Effizientere Lagerhaltung: Durch die Simulation verschiedener Lagerbestandsstrategien sind Unternehmen imstande, langfristig ihre Lagerkosten zu senken. Der digitale Zwilling modelliert nicht nur die physischen Lagerbedingungen, sondern auch die Lieferzeiten, Nachfrageprognosen und Lieferantenleistungsdaten. Er kann beispielsweise automatisch Nachbestellungen auslösen, wenn der Bestand unter einen bestimmten Schwellenwert sinkt. Die Anordnung der Waren wiederum kann durch die Visualisierung des Lagerlayouts optimiert werden. Diese ganzheitliche Sicht ermöglicht eine präzise Vorhersage der optimalen Lagermenge und reduziert das Risiko von Überbeständen oder Stock-outs.

Wie die Ergebnisse des 19. Hermes-Barometers zeigen, stehen viele Unternehmen jedoch noch vor der Aufgabe, die Prozesse ihrer Lieferkette transparent abzubilden: Lediglich jeder fünfte befragte Logistik-Verantwortliche (20 Prozent) stimmt zu, bereits über eine digitale Echtzeit-Supply-Chain zu verfügen.

Fazit und Ausblick: Digitaler Zwilling als Innovationsmotor in der Supply Chain

Der digitale Zwilling stellt eine transformative Technologie dar, die das Potenzial hat, die Reaktionsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Effizienz von Lieferketten grundlegend zu verbessern. Durch die präzise Abbildung und Simulation realer Prozesse können Abläufe aktuell analysiert und optimiert werden. Die Implementierung einer virtuellen Kopie erhöht die Transparenz der Supply Chain und unterstützt Verantwortliche dabei, Risiken agil zu managen und datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Die Technologie des digitalen Zwillings entwickelt sich dabei kontinuierlich weiter: Künftige Verbesserungen könnten eine noch detaillierte Modellierung und schnellere Verarbeitung von Informationen beinhalten, was wiederum eine noch genauere und zeitnahe Reaktion auf Veränderungen in der Lieferkette ermöglicht.

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