Hafen mit Kränen und Schiffen Diversifizierung Lieferkette

Diversifizierung der Lieferkette als Beschaffungsstrategie

Eine zu große Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten oder geografischen Regionen kann im Störfall zu gravierenden Engpässen bei der Beschaffung und in der Produktion führen. Viele Unternehmen sind sich der Bedeutung eines strategischen Lieferantenmanagements bewusst und erwägen eine verstärkte Diversifizierung ihrer Beschaffung. Wir zeigen, welche Strategien Unternehmen nutzen und so das volle Potenzial einer diversifizierten Lieferantenbasis entfalten können.

Erweiterte Lieferantenbasis erhöht die Liefersicherheit

Wird die Supply Chain durch Störungen eingeschränkt, können Liefertermine nicht mehr eingehalten werden – schlimmstenfalls kommt die Produktion zum Erliegen. In der Folge drohen Umsatzverluste, welche auch die Gewinne einer schlanken, effizienten Supply Chain schnell zunichte machen können. Wer auf verschiedene Zulieferer setzt, hat im Störfall Ausweichmöglichkeiten. Einer Umfrage der DIHK unter 3.000 Unternehmen zufolge plante 2021 mehr als die Hälfte der Firmen in Deutschland (54 Prozent), ihre Lieferketten anzupassen oder hat dies bereits getan. Mit 67 Prozent sind fast zwei Drittel der Befragten auf der Suche nach neuen oder zusätzlichen Lieferanten. Und ein Drittel plant, die Transportwege zu verkürzen oder zu verändern, um Kosten einzusparen. Eine höhere Diversifizierung der Supply Chain ist jedoch eine strategische Herausforderung – je komplexer ein Lieferantennetzwerk, desto schwerer lassen sich alle Prozesse und Anforderungen im Blick behalten.

Verteiltes Risiko: Duales und Multi-Sourcing

Um Abhängigkeiten zu reduzieren, können Unternehmen in allen TIER-Stufen auf duales oder Multiple Sourcing setzen. Bereits die Verteilung auf zwei Zulieferer bietet Vorteile: Fällt ein Lieferant aus, springt der andere ein. Zumindest aber sollten Unternehmen einen Second-Source-Anbieter identifiziert haben, der im Ernstfall als Alternative bereitsteht. Die Verteilung der Zulieferungen kann im Lieferantenmanagement-System prozentual quotiert festgelegt und je nach Bedarf variiert werden. Eine noch größere Streuung der Beschaffung wird mit der Multi Sourcing-Strategie erreicht. Die systematische Verteilung auf mehrere Zulieferer erhöht die Sicherheit um ein Vielfaches, erfordert aber auch eine höhere logistische Koordination und ein besseres Informationsmanagement.

Geografische Nähe nutzen: Near-, National- oder Local Sourcing

Für eine Diversifizierung der Lieferantenbasis ist die Identifizierung geeigneter Produzenten und Zulieferer im europäischen Umfeld eine Möglichkeit, die Beschaffung durch kürzere Wege abzusichern. Besonders mittel- und osteuropäische Länder entwickeln sich durch Innovationsstärke und ihr, im Verhältnis zu Deutschland, niedriges Lohnniveau immer mehr zu einer interessanten Alternative. Polen, Tschechien, Ungarn und Serbien zählen zu den aufstrebenden Beschaffungsmärkten. Auch die Einbindung von lokalen und nationalen Lieferanten ist eine Möglichkeit, die Beschaffung durch kürzere Transportwege in einem Wirtschaftsraum mit einheitlichen Normen abzusichern.

Globales Sourcing ausbauen: Beschaffung in aufstrebenden Regionen

Globales Sourcing ist für viele Unternehmen ein Garant, im globalen Wettbewerb zu bestehen. Um nicht in zu starke Abhängigkeit zu geraten, können Unternehmen eine Erweiterung ihres Liefernetzwerks um verlässliche Partner in geografisch benachbarten Regionen des aktuellen Produktionsstandorts erwägen. Wer seine Produkte, Komponenten oder Teile gegenwärtig zum Beispiel hauptsächlich von Lieferanten aus China bezieht, kann sein Netzwerk durch Kooperationen in den aufstrebenden Nachbarländern Indien und Pakistan ergänzen. Beide Standorte bieten hohes Potenzial an Innovation, Arbeitskräften und modernen Strukturen. Unternehmen, die bei der Expansion auf erfahrene Partnerschaften setzen – sei es in der Produktion oder der Logistik – können von zahlreichen Vorteilen profitieren und gewinnen neben ausgezeichneten Exportbedingungen Zugang zu einem wachsenden Inlandsmarkt.

Kontrolle und Übersicht: Digitalisiertes Lieferantenmanagement

Neben der strategischen Entwicklung des Lieferantennetzwerks ist die gezielte Steuerung und Kontrolle der Beschaffungsprozesse entscheidend. Je komplexer das globale Netzwerk, desto anspruchsvoller gestalten sich Kommunikation und Prozessabstimmung. Transparenz jedoch ist der entscheidende Faktor, um die Lieferkette gegen Störfälle oder Cyber-Attacken abzusichern, Compliance- und Nachhaltigkeitsrichtlinien zu erfüllen und die Kostenentwicklung zu überwachen. Digitale Tools und Softwarelösungen leisten dabei ideale Unterstützung.

Intelligente Supply Chain Management Software

So erleichtert die Nutzung einer smarten SCM-Plattform das Supplier-Management erheblich und zeigt auf, wo Optimierungsbedarf besteht. Durch eine sytematische Anwendung und Auswertung  können Unternehmen zum Beispiel erkennen, wo das Netzwerk zur Erhöhung der Liefersicherheit durch alternative Zulieferer ergänzt werden sollte. Zu den Vorteilen zählen die zentrale Bündelung aller Stammdaten, Fracht- und Bestandsdaten. Die detaillierte Übermittlung von Meilensteinen und ein integriertes Workflowmanagment zeigen den Prozessfortschritt und machen die zeitnahe Identifikation von Hemmnissen in der Supply Chain möglich. Dafür sorgt auch die übersichtliche Visualisierung der Prozesse in einer Supplier Scorecard – so sind alle Beteiligten im Unternehmen, bei den Lieferanten und beim Logistikdienstleister – stets über Zeitpläne und Prozessfortschritte informiert. Lokal abgelegte Lieferanten- und Lieferdokumente, Excel-Listen und aufwändige Abstimmungsprozesse werden damit obsolet. Besonders komfortabel und kosteneffizient ist dabei der Anschluss an eine cloudbasierte SCM-Plattform.

Integrierte Risk Management Software

Eine Risk Management Software  sorgt für zusätzliche Sicherheit. Mithilfe künstlicher Intelligenz filtert und bewertet sie in Echtzeit Daten aus tausenden medialen Informationsquellen und gibt Alerts aus, sobald sie auffällige Ereignisse im Umfeld des Unternehmens oder der Zulieferer erkennt. So sind im Falle von Risikoereignissen – seien es Unwetter, politische Unruhen oder Verstöße gegen soziale bzw. Nachhaltigkeitsrichtlinien –  unverzügliche Reaktionen möglich.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit und Koordination der Logistik

Ein erweitertes Lieferantennetzwerk erfordert ein fein abgestimmtes Zusammenspiel aller beteiligten Akteure sowie eine effiziente logistische Koordination. Die digitale Vernetzung des Unternehmens, der Lieferanten und des Logistikpartners erhöht den Kollaborationsgrad wesentlich. Stellt der gewählte Logistikdienstleister nicht nur die physische, sondern auch die digitale Infrastruktur – zum Beispiel über eine cloudbasierte SCM-Software – kann die Verbindung von Lieferanten, Transport- und Risikodaten zu besonders reibungslosen Prozessen beitragen. So können das Frachtmanagement sowie die logistische Abwicklung agil an neue Anforderungen angepasst werden. Das Aktivieren eines alternativen Lieferanten bei Ausfall des Hauptzulieferers oder eine Umverteilung der Kontingente geschieht schnell, unkompliziert und durch Echtzeit-Koordination für alle einsehbar. So können sämtliche Supply Chain-Prozesse auch in einem breit aufgestellten Lieferantenmanagement effizient koordiniert und reibungslos abgewickelt werden.

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