In weltumspannenden Lieferketten fallen für den Transport, die Zollabwicklung und das Supply Chain Management täglich große Mengen an Daten und Dokumenten an, die verwaltet, analysiert und nachverfolgt werden müssen. Hier hilft ein digitaler Ansatz, um Fehlerquoten zu reduzieren und eine resiliente und reaktionsschnelle Logistikinfrastruktur zu etablieren. Ralf Boelicke, Head of Product & Partnermanagement bei SupplyX, erklärt in unserem Q&A, wie Unternehmen von einem Document Management profitieren und wie sich Interoperabilitätsprobleme bewältigen lassen.
Inhaltsverzeichnis
Welche Aufgaben übernimmt Document Management in der Logistik?
Ralf Boelicke: Das Document Management bezieht sich auf die Organisation, Verwaltung, Pflege und Kontrolle aller Dokumente, die für die Durchführung und Überwachung logistischer Prozesse notwendig sind. Dazu zählen zum Beispiel Frachtbriefe, Verträge, Lieferaufträge und -scheine sowie Packlisten, Rechnungen, Zolldokumente und viele mehr. Ein strategisches Management dieser zahlreichen Dokumente ist entscheidend für die Effizienz und Compliance in der Logistik. Es unterstützt vor allem im Bereich Freight Forwarding dabei, die Genauigkeit der Dokumentation zu gewährleisten, um Verzögerungen zu vermeiden, die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen sicherzustellen und eine schnelle und nahtlose Kommunikation zwischen allen Supply-Chain-Beteiligten zu fördern.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei?
Ralf Boelicke: Die Möglichkeiten der fortschreitenden Digitalisierung verbessern die Zugänglichkeit und Sicherheit der Dokumentenverwaltung erheblich. Durch die Umwandlung physischer Dokumente in digitale Formate wird eine schnelle Suche, Verarbeitung und Weitergabe von wichtigen Informationen gewährleistet. Dadurch können Zeit und Ressourcen gespart werden. Digitale Informationen werden in Datenbanken gespeichert, durchsucht und abgerufen, was vor allem bei großen Mengen an Dateien die Verwaltung vereinfacht. Durch Verschlüsselungen und Zugriffskontrollen wird die Sicherheit der Dokumente erhöht, ausschließlichbefugte Akteure erhalten Zugriff auf die Informationen. Und nicht nur das: Die digitale Speicherung unterstützt das Einhalten gesetzlicher Aufbewahrungspflichten und verbessert zudem die ökologische Bilanz, indem der Papierverbrauch reduziert wird.
Wie können intelligente Technologien das Management von Logistikdokumenten verbessern?
Ralf Boelicke: Digitale Tools und Technologien bieten transformative Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und Transparenz im Document Management: Prozesse, die traditionell manuell und fehleranfällig waren, können nun automatisiert und optimiert werden. Vor allem Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen spielen dabei eine bedeutende Rolle. Durch die Implementierung von Advanced Analytics und Predictive Analytics erhalten Verantwortliche tiefgehende Einblicke in Datenmuster und -trends – sie helfen bei der proaktiven Risikoidentifikation, bevor es überhaupt zu ernsthaften Problemen kommt. Vertraglich vereinbarte Mengen oder Fristen werden überschritten? Lieferzeitpunkte nicht eingehalten? Bei Veränderungen schlagen Warnsysteme Alarm, damit frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden können.
Darüber hinaus können KI-Systeme mithilfe von Natural Language Prozessing (NLP) unstrukturierte Daten aus Logistikdokumenten extrahieren und interpretieren, was eine automatisierte Inhaltsanalyse und -klassifizierung ermöglicht. Wir von SupplyX haben daher mithilfe von KI eine Lösung entwickelt, die unterschiedlich strukturierte Dokumente lesen und über Schnittstellen mit weiteren Systemen innerhalb der IT-Landschaft teilen kann – für noch mehr Zeiteffizienz und Kostenreduktion in der Praxis. Diese Lösung passt sich automatisch an die variierenden Formate der Dokumente an und sucht sich eigenständig die relevanten Parameter. Auf diese Weise können manuelle Erfassungen, zum Beispiel Buchungen, automatisiert und somit deutlich schneller mit frei zugänglichen Daten – etwa von Carriern – verknüpft werden.
Blockchain wiederum fördert die notwendige Sicherheit und Nachvollziehbarkeit innerhalb der Dokumentenverwaltung, indem sie eine dezentrale und unveränderliche Datenspeicherung bietet. Das ist besonders für die Authentifizierung und Validierung von Dokumenten wie Frachtbriefe oder Zollinhalte wichtig, damit alle Transaktionen transparent und manipulationssicher sind. Über kollaborative, cloudbasierte Plattformen wird ein Echtzeit-Zugriff auf die Inhalte auch über geografische und organisatorische Grenzen hinweg möglich.
Welche Herausforderungen bestehen bei der Digitalisierung von Papierdokumenten?
Ralf Boelicke: Die anfängliche Digitalisierung großer Dokumentenmengen bedeutet zunächst einen hohen Zeit- und Kostenaufwand für die Unternehmen. Bei dem Prozess müssen sie die Datenqualität und -integrität gewährleisten, die digitalisierten Daten in bestehende IT-Systeme integrieren und zusätzlich von Beginn an die Einhaltung von Datenschutz und Sicherheitsvorschriften beachten. Originalinformationen müssen korrekt und vollständig übertragen werden, ohne dass es zu Datenverlust oder -verfälschung kommt.
Die nahtlose Einbindung der Dokumente in Dokumenten-Management-Systeme sowie ERP- und CRM-Systeme kann zunächst komplex sein und erfordert mitunter individuelle, maßgeschneiderte Lösungen. Dafür ist auch ein Umdenken bei Mitarbeiter*innen und Geschäftspartnern notwendig, die häufig noch an traditionelle Papierprozesse gewöhnt sind. Das Potenzial, das aus einer solchen Umstellung hervorgeht, ist jedoch enorm und generell wichtig für die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Zumal der Übergang zu einem modernen Document Management durch digitale Möglichkeiten geebnet werden kann.
Wie lassen sich Interoperabilitätsprobleme zwischen verschiedenen Dokumenten-Management-Systemen bewältigen?
Ralf Boelicke: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Interoperabilitätsprobleme zu minimieren. Unternehmen können Standards für Datenaustausch und Kommunikationsprotokolle verwenden oder Middleware-Lösungen implementieren, die als Brücke zwischen unterschiedlichen Systemen fungieren. Diese Lösungen übernehmen die Konvertierung und Übertragung von Daten in einem für alle Beteiligten verständlichen Format. Die Entwicklung von APIs (Application Programming Interfaces) ermöglicht ebenfalls eine flexiblere Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen, indem sie spezifische Schnittstellen für den Datenaustausch und -zugriff bereitstellen. Oftmals bewährt sich ein strategischer Ansatz, der sowohl technische Lösungen als auch die Einbindung externer Unterstützung umfasst – Unternehmen können mit spezialisierten Dienstleistern oder IT-Experten zusammenzuarbeiten, um maßgeschneiderte Integrationen zu entwickeln und Implementierungszeiten zu verkürzen.
Grundsätzlich gilt: Je digitaler die Lieferkette, desto transparenter sind auch die einzelnen Prozessabschnitte – eine ideale Voraussetzung, um Risiken zu identifizieren und Abläufe zu optimieren. Es lohnt sich daher für Unternehmen, die digitale Transformation voranzutreiben. Durch die Integration fortschrittlicher Technologien in das Document Management können Logistikverantwortliche Durchlaufzeiten verkürzen, Compliance-Anforderungen einfacher navigieren und letztlich auch die Kundenzufriedenheit durch eine allgemein verbesserte Supply-Chain-Performance steigern.
Herr Boelicke, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Weitere Q&As rund um das Thema Logistik und Supply Chain Management:
- Welche Vorteile bietet die Bahnverbindung China – Europa für den Warentransport?
- Wie trägt Supply Chain Visibility zur Optimierung von Logistikprozessen bei?
- Wie tragen Bypass Solutions zu einer verbesserten Lieferkettenperformance bei?
- Verladung und Verpackung – was tun bei übergroßen Sendungen?
- Wie trägt der Booking Control Tower dazu bei, Transporte zu sichern?
Sie fragen – wir antworten!
Sie haben Fragen an die Kolleg*innen von Hermes International oder Beitragswünsche an die Redaktion? Dann senden Sie uns gerne eine E-Mail an hello@supplyx.info. Die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten erfolgt im Einklang mit unseren Datenschutzhinweisen.