Die Verarbeitung von Dokumenten ist ein zentraler Bestandteil jeder Lieferkette. Doch die steigende Komplexität internationaler Prozesse macht eine manuelle Bearbeitung nicht nur ineffizient, sondern auch anfällig für Fehler. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, große Datenmengen aus verschiedensten Dokumenten schnell und präzise zu verarbeiten. Verzögerungen oder mangelnde Transparenz können nicht nur die Betriebsabläufe stören, sondern auch das Vertrauen von Kund*innen und Partner*innen und damit die eigene Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Wie Künstliche Intelligenz in diesem Bereich völlig neue Möglichkeiten eröffnet, erklärt Jörn von der Fecht, Chief Digital Officer bei SupplyX, in unserem Q&A.
Was bedeutet KI-gestützte Dokumentenverarbeitung in der Logistik? Inwiefern unterscheidet sich KI von herkömmlichen Automatisierungstools?
Jörn von der Fecht: KI-gestützte Dokumentenverarbeitung bedeutet, dass moderne Algorithmen genutzt werden, um Inhalte aus Dokumenten zu analysieren, zu verstehen und zu verarbeiten. Im Gegensatz zu traditionellen Tools, die auf festgelegten Regeln basieren, kann Künstliche Intelligenz flexibel auf neue Informationen reagieren, Muster erkennen und kontinuierlich weiterlernen. Dadurch ist sie in der Lage, komplexe und unstrukturierte Dokumente wie Frachtpapiere, Zollformulare oder Master Bill of Ladings (MBLs) nicht nur zu erkennen, sondern auch effizient zu bearbeiten und einem entsprechenden Prozess zuzuordnen.
Es entfällt zudem die Notwendigkeit, vorab für jede mögliche Abweichung Regeln zu definieren. Diese automatisierte Verarbeitung erhöht die Effizienz und schafft eine zuverlässige Grundlage für Services wie Active Order Management, indem relevante Daten frühzeitig verfügbar gemacht werden.

Jörn von der Fecht, Chief Digital Officer bei SupplyX
Wie verbessert KI die Effizienz in der Dokumentenverarbeitung, insbesondere im Logistikumfeld?
Jörn von der Fecht: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bietet konkrete Vorteile. Erstens wird die Bearbeitungszeit erheblich reduziert, da manuelle Prüfungen und Dateneingaben entfallen. Informationen werden automatisch innerhalb von Sekunden aus den Dokumenten extrahiert, was vorher Minuten oder sogar Stunden dauerte. Zweitens minimiert KI menschliche Fehler, da standardisierte Algorithmen konsistente Ergebnisse liefern. Drittens ermöglicht KI eine hohe Skalierbarkeit: Während manuelle Prozesse bei großen Datenmengen schnell an ihre Grenzen stoßen, können KI-Systeme problemlos mit steigenden Anforderungen umgehen. Dies führt im Logistikumfeld zu einer erheblichen Beschleunigung und Vereinfachung sämtlicher Abläufe
Was ist ein Pre-Alert-Splitter? Welche Technologien kommen dabei zum Einsatz?
Jörn von der Fecht: Wir von SupplyX nutzen verschiedene Technologien, um die Dokumentenverarbeitung zu optimieren, zum Beispiel den Classifier, den Splitter und den Extractor. Der Classifier ist darauf spezialisiert, Dokumente automatisch zu kategorisieren. Das Tool erkennt etwa, ob es sich um eine Rechnung, einen Frachtbrief oder ein Zollpapier handelt, und leitet diese an die richtigen Extractor weiter. Der Pre-Alert-Splitter zerlegt große Dokumente, bei denen verschiedene Dokumentenarten zusammengefast wurden, in seine einzelnen Bestandteile, um die Inhalte anschließend an den passenden Extractor weiterzuleiten. Der Extractor, zum Beispiel der MBL-Extractor, verarbeitet nun gezielt das spezifizierte Dokument und stellt somit Informationen wie Containernummern oder Ankunftsdaten digital zur Verfügung und reichert damit bestehende Daten an.
Diese Technologien arbeiten zusammen, um die Dokumentenverarbeitung schneller, genauer und zuverlässiger zu machen. Die generierten Daten können anschließend direkt für das Advanced Reporting genutzt werden, um wertvolle Einblicke in Lieferzeiten, Volumenanalysen und andere wichtige Kennzahlen zu gewinnen. Mit Hilfe unserer digitalen Plattform sind wir in der Lage, Informationen aus Transportdokumenten zu kategorisieren und zu extrahieren. Das befähigt uns, zügig eine neue Ebene von Informationen zu generieren, die sonst nur durch viele manuelle Schritte erstellt werden kann.
Wie sieht ein typischer Workflow mit KI aus?
Jörn von der Fecht: Ein typischer Workflow beginnt mit dem Eingang der Dokumente, die digital erfasst werden – beispielsweise per E-Mail, Upload oder Scanner. Unser Classifier übernimmt dann die automatische Kategorisierung der Dokumente, um sie direkt den entsprechenden Prozessen zuzuordnen. Sollten wir ein Dokument erhalten, bei dem verschiedenste Dokumentenarten zusammengefasst wurden, katerogisiert der Splitter die einzelnen Seiten und gibt diese an den dafür vorgesehenen Extractor weiter. Der Extractor nutzt KI um entsprechende Informationen in einem Dokument zu erkennen und stellt diese in digitaler Form, zum Beispiel als JSON / XML, für eine weitere Verabreitung zur Verfügung.
Im Fall, dass ein vorab definierter Schwellwert bei der Extraction von Informationen nicht erfüllt wird, wird der Fall an einen Mitarbeiter weitergeleitet, um das Ergebnis der Extraction zur verfizieren (Human-in-the-Loop, kurz HITL). Das Ergebnis dieser Prüfung fließt wiederum in den Algorythmus zurück. Die Daten werden dann je nach Anwendungsfall beispielsweise in ein ERP- oder TMS-System übertragen. Dieser automatisierte Ablauf sorgt für eine nahezu fehlerfreie Dokumentenverarbeitung.
Welche Herausforderungen löst KI in der Dokumentenverarbeitung?
Jörn von der Fecht: Eine wesentliche Herausforderung ist, analoge Informationen, zum Beispiel auf Dokumenten wie Packlisten oder BLs, digital verfügbar zu machen – vor allem bei internationalen Dokumenten, die häufig unstrukturiert oder inkonsistent sind. Hier sorgen unter anderem der Classifier und Extractor für eine präzise und automatisierte Kategorisierung sowie Datenextraktion. Auch der Zeitdruck ist besonders bei weltumspannenden Lieferketten ein konstantes Thema. Automatische Dokumentenverarbeitung stellt somit sicher, dass wichtige Informationen schnell bereitgestellt werden. Zudem reduziert KI menschliche Fehler, die bei manueller Eingabe immer passieren können. Insgesamt wird eine höhere Zuverlässigkeit und Genauigkeit geschaffen.
Wie profitieren Kunden von diesen Technologien, und wie unterstützt SupplyX bei der Implementierung?
Jörn von der Fecht: Durch die schnelle automatisierte Bearbeitung von Informationen aus Dokumenten erhalten unsere Kund*innen Informationen, die vorher nur durch großen manuellen Aufwand zugänglich waren. Die hohe Genauigkeit der KI-gestützten Systeme hilft, dass Verzögerungen oder zusätzliche Kosten vermieden werden können. Die neu geschaffene Transparenz unterstützt außerdem dabei, dass Kund*innen frühzeitig zugang zu Informationen erlangen, die einen wesentlichen Einfluss auf Ihre Supply Chain haben – das erhöht die Planungssicherheit.
Den Einstieg in die KI-gestützte Dokumentenverarbeitung beginnt SupplyX mit einer Bedarfsanalyse: So können wir zunächst die Prozesse identifizieren, die besonders zeitaufwändig oder fehleranfällig sind. Anschließend setzen wir eine Pilotphase auf, in der unsere KI-Tools an spezifische Dokumenten trainiert werden und die Verabreitung anschließend getestet wird. Nach den erfolgreichen Tests können diese Lösungen in die bestehenden Systeme integriert und auf weitere Prozesse ausgeweitet werden.
Herr von der Fecht, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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